Corona Leugner & Verschwörungsideologien an Universität und Hochschule

Christoph Gringmuth ist Leiter des Transfer- und Innovationsmanagements, einer Einrichtung der Hochschule und Universität Osnabrück. Laut Webauftritt versteht sich die Einrichtung "als Vermittler, Dolmetscher und Katalysator zwischen Wissenschaft und Gesellschaft". [1]
Jetzt fällt Gringmuth jedoch nicht aufgrund seines Geschicks auf, zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu vermitteln, sondern legt einen Auftritt bei "Fair Talk - Auf Augenhöhe" mit Jens Lehrich hin [2]. Die Talkshow ist bekannt für die Verbreitung von Verschwörungsideologien zu COVID 19 und Relativierungen der Konsequenzen der Pandemie; Lehrich bewegt sich auf Augenhöhe mit anderen Internetheld*innen der Verschwörungsszene. Am 01.08.2020 sitzen vier Personen an Lehrichs Tisch, allesamt auf der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin eingesammelt.

Während die Infektionszahlen in Deutschland wieder steigen und das Virus global für immer mehr Tote verantwortlich ist (dabei sind gesellschaftlich marginalisierte Gruppen überproportional häufig betroffen! [3]), mobilisierten Parteien wie die AFD und rechtsextreme Gruppen und Einzelpersonen im Internet für die Großdemo [4]. Unter den Corona Leugnenden befand sich eben auch Gringmuth, zusammen mit seinen Gefährten der "Bürgerbewegung Osnabrück", die sich in den vergangenen Monaten immer wieder öffentlich blamierten, wenn sie zu Samstags-Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen in der Innenstadt aufriefen. Was hat also ein Wissenschaftler, ein Volkswirt der Osnabrücker Hochschulen am 01.08.2020 in Berlin gemacht, am Tag der Hygiene-Demo, bei der die Corona-Leugnenden des Landes gemeinsam mit Rechtsextremen das Ende der Pandemie verkündeten?

Im Interview staunt Gringmuth über die Möglichkeit, dass Rechte auf der Demo gewesen sein könnten (das Vorhandensein von Reichsflaggen und die breite Mobilisierung einschlägiger rechter Vereinigungen scheinen für ihn kein Hinweis auf Rechtsextremismus zu sein) und mutmaßt, dass im Gegensatz zur Bürgerbewegung eher die Antifa rechts sei. Dr. Gringmuth schimpft öffentlich über die Lügenpresse, wundert sich über den Abbruch der Demo und spricht in diesem Zusammenhang über das Ende der Demokratie: Passend zum Thema habe sich die Regierung demaskiert.
Er verbreitet während der Talkshow, wie auch in Osnabrück und in der Telegram-Gruppe der Bürgerbewegung äußerst bedenkliche und gefährliche Inhalte und propagiert den Verzicht auf die Maske aus angeblich wissenschaftlich-medizinischer Perspektive.

In der Talkshow tritt Gringmuth nicht nur als Privatperson auf, sondern spricht kurz auch über seine Rolle und Anstellung bei den Hochschulen: Er kritisiert die Hochschule und ihre Mitarbeitenden für die scheinbar unkritische Übernahme der Vorgaben der Regierung, welche er sich nicht erklären kann. Dabei scheint er seine eigene Rolle nicht zu hinterfragen: während ihm die Erklärung für die "Mainstream"-Einstellung der Hochschulen fehlt (vielleicht ja Infektionsschutz?), fehlt uns die Erklärung, wie Dr. Gringmuth in einem Wissenschaftsbetrieb beschäftigt sein kann, wenn er doch in diesem Kontext so engagiert Erkenntnisse der Wissenschaft leugnet.

Ein Mensch, der laut eigener, in der Telegram-Gruppe der Bürgerbewegung getroffener Aussagen, mit Positionen der AfD sympathisiert und der Meinung ist, die AfD sei "die einzige deutsche Partei" die das tue, was er "als absolute Pflicht empfinde" und mit den Worten "Danke AFD" schließt, sich damit bei einer völkisch nationalistische Partei bedankt – angeblich natürlich nur aufgrund zufälliger Gemeinsamkeiten bei der gewählten Verschwörungstheorie – hat in einem Wissenschaftsbetrieb nichts verloren. [Absatz geändert am 21.09.2020]
Eine Person, die wissenschaftsfeindlich eingestellt ist und sich öffentlich gegen jegliche Erkenntnisse der Wissenschaft zur bestehenden Pandemie ausspricht und deren Gefahr leugnet; jemand, der zusammen mit Esoteriker*innen, rechtsextremen und antisemitischen Personen und Holocaustleugner*innen durch Berlin und Osnabrück zieht, gehört weder an eine Universität noch an eine Hochschule. Jemand, der offensichtlich antisemitisches, rechtes und verschwörungsideologisches Gedankengut verbreitet oder zumindest akzeptiert, kann keineswegs die Fähigkeiten besitzen, die für eine Vermittlung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft notwendig sind.

Eine Kritik an der Krise ist natürlich notwendig, doch sollte nicht das Tragen einer Maske zum Problem gemacht werden. Natürlich muss die Pandemie politische Konsequenzen haben. Dies geht aber nicht aus einer antisemitischen, rechten und wissenschaftsfeindlichen Perspektive heraus, welche zugunsten individueller Freiheit und der Wirtschaft Masken ablehnt und das Ende der Demokratie prophezeit sowie Verschwörungsideologien folgt. Der Umgang mit der Krise kann nur antikapitalistisch und antifaschistisch sein und erfordert verantwortungsbewusstes Handeln. Den tatsächlichen Verlierer*innen der Krise muss endlich die notwendige Unterstützung zukommen. Christoph Gringmuth steht für das Gegenteil. Die Beschäftigung einer solchen Person an einer Einrichtung der Hochschule und Universität ist verantwortungslos.

[1] https://www.tim-osnabrueck.de/home
[2] https://www.youtube.com/watch?v=4QIVMFNQ2PY
[3] Mesa Vieira, Cristina 2020: COVID-19: The forgotten priorities of the pandemic. https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S0378512220302346?token=86DBAF...
[4] https://www.rbb24.de/politik/thema/2020/coronavirus/beitraege_neu/2020/0...

Mehr zur Bürgerbewegung auch bei EPOS:
https://de-de.facebook.com/EPOS-Emanzipatorische-Politik-Osnabr%C3%BCck-...