PM: Zensur und Einlasskontrolle durch die Polizei an der Uni?! - Wer darf hier eigentlich was?

Stellungnahme und Pressemitteilung des AStAs zu den Vorkommnissen im Rahmen der Veranstaltung mit Thomas de Maizière.
 
Am Mittwoch den 22. Januar fand im EW-Gbäude der Universität Osnabrück eine von der Konrad Adenauer Stiftung organisierte Veranstaltung mit dem ehemaligen Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière statt. Dieser stellte sein neues Buch vor. Einige Studierende nahmen dies zum Anlass, die Veranstaltung nach eigener Aussage „kritisch zu begleiten“. Im Vorfeld wurden dazu Flyer ausgelegt und von der Hochschulgruppe Kleine Strolche wurde dieser auch bei Facebook geteilt.
 
Die Veranstaltung wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, sowohl vor als auch im EW-Gebäude. Dem Aufruf zur kritischen Begleitung folgten ca. 30 Personen, größtenteils Studierende. Auch Vertreter*innen des AStAs fanden sich dafür im EW-Gebäude ein. Einige begannen damit, Flyer auf die Tische im Foyer und Aufenthaltsbereich des EW-Gebäudes zu legen. Kurz darauf forderte die Polizei sie auf, ihre Personalien abzugeben, da auf dem Flyer kein V.i.S.d.P. stehe. Die Studierenden verweigerten dies und erfragten die Rechtsgrundlage. Die Polizist*innen drohten daraufhin Gewalt an und zogen sich ihre mit Protektoren bestückten Handschuhe an. Die Studierenden wiesen darauf hin, dass es sich um keine Versammlung im öffentlichen Raum handle, sie das Recht haben, sich auf Universitätsgelände aufzuhalten und auch Flyer auslegen dürfen. Nachdem der Einsatzleiter der Polizei dazukam, gab dieser zu, dass er die Rechtsgrundlage für die Maßnahme gar nicht sicher wisse. Die Polizei holte daraufhin den Hausmeister dazu und stellte skurrilerweise für ihn fest, dass die Universität das Auslegen von Flyern nicht wolle; der Hausmeister bestätigte dies lediglich. Die Polizei behielt die Flyer ein und kommunizierte später, dass die Rechtsgrundlage am darauffolgenden Tag geklärt würde, die Flyer aber trotzdem nicht ausgehändigt werden. Ein weiteres Verteilen wurde untersagt. „Die Polizei hat damit die Meinungsfreiheit an der Uni massiv eingeschränkt und ihre Kompetenzen stark überschritten. Es ist nicht Aufgabe der Polizei eine Zensur in der Hochschule oder woanders vorzunehmen. Dass die Nachfrage nach einer Rechtsgrundlage dann auch noch mit Bedrohungen beantwortet wird, ist ganz grundsätzlich undemokratisch“ So unsere Referent*innen für Öffentlichkeit.
 
Im späteren Verlauf des Abends verbot die Polizei dann Studierenden gänzlich den Zutritt zum Gebäude und versperrte ihnen den Eingang.
Das Unterbinden von Kritik, sowohl von der Polizei als auch vom Hausmeister, die Androhung von Gewalt und auch der spätere Ausschluss stellen jeweils einen massiven Einschnitt in die Grundrechte im Allgemeinen und die Rechte von Studierenden im Speziellen dar. Insbesondere da es keinerlei andere Aktionen geschweige denn Eskalationen von Seiten der Studierenden gab und auch niemand versuchte, in den Veranstaltungsraum zu gelangen.
 
Im Nachhinein erfuhren wir außerdem, dass die Raumverwaltung der Uni das EW-Gebäude ab 16:00 Uhr für andere Veranstaltungen komplett gesperrt hatte, die Vortragsveranstaltung fand um 19:00 Uhr statt. Nach unserem Kenntnisstand wurden die Nutzer*innen des Gebäudes nicht über den Grund aufgeklärt. Gerade beim EW-Gebäude ist sowohl die Verlegung aller Veranstaltungen sowie der polizeiliche Ausschluss nochmal gravierender: In dem zentralen Gebäude mit einer Öffnungszeit bis 22:00 Uhr, sind neben dem Aufenthaltsbereich noch einige Fachschaftsräume, ein PC-Pool, ein Kopierer und Labore, welche von vielen Studierenden bis spät abends genutzt werden, sowie ein Raum von uns, dem AStA.
 
Im Artikel der NOZ hieß es, dass die Polizei das Verbot der Flyer auch mit einem Verstoß gegen die „Werte der Universität“ begründete, dabei wurde in dem Flyer, der uns vorliegt, lediglich Thomas de Maizière kritisiert. Unser Öffentlichkeitsreferat dazu: „Es ist uns neu, dass die Polizei - auch noch in der Presse - definiert, was gegen die Werte der Universität verstößt. Spätestens das sollte die Universitätsleitung interessieren. Unserer Ansicht nach hat vielmehr die Polizei die Werte der Universität und die Hochschulautonomie mit Füßen getreten.“
 
Wir fordern:
  1. Eine öffentliche Stellungnahme der Universität zu den Ereignissen.
  2. Konsequenzen für das Verhalten der Polizei / Konsequenzen für die Polizist*innen bzw. die Einsatzleitung.
  3. Eine Aufklärung ihrer Mitarbeiter*innen seitens der Universität über die Rechte von Studierenden und über Hochschulautonomie.
  4. Eine Aufklärung darüber, was bezüglich Zugang und Veranstaltungen im EW-Gebäude mit der Polizei/der Konrad Adenauer Stiftung seitens der Universität kommuniziert wurde.

Folgende Fragen haben wir an die Universitätsleitung gestellt:

  1. Verteilung von Flyern durch Studierende wird durch die Polizei unter Androhung von „unmittelbarem Zwang”, also körperlicher Gewalt, unterbunden. Auf Nachfrage kann dafür keine Rechtsgrundlage angegeben werden, die Drohung wird allerdings weiterhin aufrechterhalten. Wie steht die Universität zu diesem Verhalten der Polizei in Gebäuden der Universität?
  2. Verteilung von Flyern durch Studierende wird durch den Hausmeister mit Verweis auf das Hausrecht untersagt. Warum? (Möglicherweise genötigt durch Äußerungen und Druck der Polizeibeamten?)
  3. Die NOZ zitiert die Polizei damit, dass sie die Verteilung von Flyern untersagt hätte, weil der Text gegen die „Werte der Universität” verstoßen habe. Inwiefern ist die Polizei ermächtigt zu bestimmen, was die „Werte der Universität” sind? Wie verträgt sich diese Aussage mit dem Grundsatz der Hochschulautonomie?
  4. Inwiefern verstößt der Flyer gegen „Werte der Universität” und inwiefern ist die Universität (auch in Form ihrer Vertreter*innen) ermächtigt eine inhaltliche Kontrolle studentischer politischer Arbeit vorzunehmen?
  5. Die Polizei verweigerte Studierenden den Zutritt zum EW-Gebäude (einschließlich der darin liegenden Aufenthalts-, AStA-, Fachschafts- und PC-Räume). Auf welcher Grundlage?
  6. War bei der Raumanmeldung abgemacht, dass für die angemeldete Veranstaltung das gesamte EW-Gebäude gesperrt wird? Falls ja: Warum wurde der Anlass nicht kommuniziert?
  7. Inwiefern verträgt sich die Einlasskontrolle an Universitätsgebäuden durch die Polizei mit dem Grundsatz der Hochschulautonomie?