Gedanken eines Studierenden

Diese Zuschrift eines Studis an der Uni Osnabrück hat uns kürzlich erreicht. Die möchten wir euch nicht vorenthalten. Vielleicht gibt sie dem einen oder der anderen das Gefühl, damit nicht allein zu sein.

"Ich darf eine liebe Kollegin zitieren: Neben den Übeln befand sich in der Büchse der Pandora als letztes die Hoffnung. Sie ist positiv, kann uns aber zermürben. Hier soll sie die Aussicht sein auf baldiges Wiedersehen! In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein paar schöne Ostertage!"
Dies schrieb unsere Uni-Präsidentin in ihrem letzten Newsletter an die Studierenden.
Dabei hat Sie, ebenso wie die liebe Kollegin, völlig vergessen, dass die Hoffnung in der Büchse verblieb. Und dies hätte ich mir in dieser Situation auch von der Leitung unserer Universität gewünscht. Monate lang versuchten studentische Vertreter*innen in AStA und Senat (und sogar andere Senatoren), das Präsidium davon zu überzeugen die Hoffnung in der Büchse zu lassen und sich stattdessen ernsthaft mit den Ängsten und Nöten der Studierenden und Lehrenden an der Universität zu befassen.
Auch schrieb sie: "Während in Niedersachsen an fast allen Universitäten das Sommersemester längst auf erneut „voll digital“ geplant wurde, haben wir die Option „hybride Lehre“ [...] bewusst offen gehalten." Das ist mal wieder typisch. Anstatt wie andere Universitäten klare Ansagen und Pläne zu machen zeigt sich auch in diesem Semester wieder die Entscheidungsunfreudigkeit unseres Präsidiums.
Ja, ich würde mir auch nichts sehnlicher wünschen, meine Freunde und Kommiliton*innen wiederzusehen, um mit ihnen gemeinsam zu lachen, zu lernen und zu diskutieren. Viel lieber möchte ich aber noch eine andere Sache: Sicherheit. Sicherheit in dieser unsicheren, wackeligen Zeit. Doch statt uns diese zu geben, sodass wir uns realistisch auf Lebensbedingungen (es handelt sich ja schließlich auch um ein Vollzeitstudium) der nächsten Monate vorbereiten können (brauche ich meine Wohnung in Osnabrück noch? Wie viele Kurse schaffe ich online zu belegen? Suche ich mir einen Therapieplatz in Osnabrück oder bei meinen Eltern?), bekommen wir Hoffnung. Nicht nur Nietzsche empfand diese als das "übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert". Eine Hoffnung auf Normalität, welche seit nunmehr einem Jahr immer und immer wieder zunichte gemacht wird und zu Enttäuschung wird, hilft wohl nur wenigen weiter. Die Universität stellt sich damit in eine Reihe mit der Politik. Immer schön hoffen, dass es bald wieder geht. Sonst müsste man sich ja auch echte, wirksame Maßnahmen überlegen und verbindlich sein. Sonst müsste man vielleicht eine Lösung dafür finden, dass Studierende von den immer zunehmenden Leistungsanforderungen langsam zermürbt werden. Trotz der schockierenden Umfrageergebnisse des AStA und der Universität gibt es keinerlei Lösungen für die überarbeiteten und psychisch stark belasteten Studierenden. Ganz im Gegenteil. Während die Lehre eher schlecht als recht digital läuft, weil seit Jahrzehnten verpasste Digitalisierung nicht in wenigen Monaten nachzuholen ist, sind die Prüfungsanforderungen dieselben. Dass die Umstände, in der wir Studierenden Klausuren und Hausarbeiten schreiben, mündliche Prüfungen und Praktika ablegen müssen, mindestens genauso schlecht sind, wie bei den Kindern in den Schulen, scheint niemandem in den Sinn zu kommen. Der Umfang ist der gleiche, die Abgabefristen sind wie immer, die Benotung genauso schonungslos wie eh und je. Während an den Haupt- und Realschulen in Niedersachsen die Prüfungen dezentral abgehalten werden und selbst die Abiturprüfungen angepasst wurden (und in Notfällen auch dezentral abgehalten werden), müssen wir das gleiche oder sogar mehr leisten.
Und so sitze ich hier an einem verregneten Samstag Nachmittag und schreibe, statt an meiner Hausarbeit, diesen Text hier. Weil ich es einfach nicht mehr ertrage diesen Frust in mir zu lassen. Weil ich es auch nicht mehr kann. Und ich könnte noch viel mehr schreiben. Wird sich hierdurch etwas ändern? Nein, vermutlich nicht. Aber vielleicht geht es ja noch mehr Studierenden so wie mir. Vielleicht hilft es denen zu wissen, dass Sie mit solchen Gedanken nicht alleine sind. Das wäre schön.

Liebe Grüße,
ein frustrierter Student der Uni Osnabrück"