Stellungnahme zur Medizinischen Privathochschule
Am 03.06.2025 hat die Stadt Osnabrück bekannt gegeben, dass sie zusammen mit dem Landkreis eine Medizinische Hochschule aufbauen möchte. In der Meldung auf der Website der Stadt Osnabrück wird davon berichtet, dass vor dem Hintergrund, dass es „im ländlichen Raum und in mittelgroßen Städten wie Osnabrück wachsende Versorgungsengpässe im ambulanten wie stationären Sektor“ (1) gibt. Aus diesem Grund wolle die Stadt und der Landkreis die „vorrausschauende Ausbildung eigener Medizinerinnen und Mediziner in der Region angehen“(2).
Das Ziel: Zusammen mit der Universität, der Hochschule, lokalen Kliniken und externen Fachberatern eine medizinische Privathochschule mit dem Studiengang Humanmedizin aufbauen.
Weiteres Ziel: Junge Menschen aus der Region und für die Region gewinnen, die anschließend als Hausärtz*innen weiter in Osnabrück arbeiten werden.
An sich ist dies ein nobles Ziel, der Ärzt*innenmangel, ist vor allem in den ländlichen Regionen, aber auch in der Stadt zu spüren.
Jedoch…
„Die neue Privathochschule für Medizin soll bestehende Hörsäle, Arbeitsräume, Mensen, Bibliotheken oder Labore mitnutzen können. Auch die Dienstleistungen des Studierendenwerks sollen sie in Anspruch nehmen können. Dass eine private Hochschule die Infrastruktur der staatlichen Bildungseinrichtungen wird nutzen können, ist ein „Alleinstellungsmerkmal“, wie die Uni-Präsidentin Susanne Menzel-Riedl sagt“ (NOZ, 05.06.2025) (3)
Natürlich ist das ein „Alleinstellungsmerkmal“. Dass eine Privathochschule die Möglichkeit hat, auf die Infrastrukturen der staatlichen Universität und Hochschule zurückzugreifen, ist ein Unding.
Bereits jetzt haben Studierende der Universität Osnabrück das Problem, dass die Mensen zu überfüllt sind, zu teuer sind und auch die Öffnungszeiten für den Alltag der Studierenden zu knapp sind. Auch die Vergabe von passenden Veranstaltungsräumen ist sehr knapp gesäht. Ganz zu schweigen von der Vergabe der Zimmer im Studierendenwerk: Die Wartelisten sind ewig lang, die Zimmer werden– auch aufgrund der Inflation – immer teurer und Studierende warten teilweise mehrere Semester auf einen Platz im Wohnheim.
Die Finanzierung des Studierendenwerks Osnabrück läuft nach eigenen Angaben über die Leistungsentgelte, die Finanzhilfe des Landes, die Beiträge der Studierenden, die Zuwendungen Dritter und sonstige Einnahmen (4). Diese Regelung muss demnach voraussetzen, dass die Studierenden der neuen medizinischen Hochschule ebenfalls – zusätzliche zu den hohen Studierengebühren –die Beiträge für das Studierendenwerk zahlen müssten. Sollte dies nicht der Fall sein, dann baut die Nutzung des Studentenwerks durch die Studierenden der medizinischen Privathochschule auf weiteren öffentlichen Geldern sowie auf Beiträge der Studierendenschaft der öffentlichen Universität sowie Hochschule Osnabrücks auf.
Die Finanzierung der Universität und der Hochschule läuft über öffentliche Gelder und die Studiengebühren der Studierenden und mit der privaten Hochschule, werden diese Gelder ebenfalls für Studierende verwendet, die – aufgrund der Natur einer privaten Hochschule – auf ein reiches Elternhaus angewiesen sind.
Denn...
Das nächste Problem? Die Finanzierung. Die Finanzierung der Hochschule soll aus kommunalen Mittel, projektbezogenen Drittmitteln sowie Studiengebühren gezogen werden.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Es wird eine private Hochschule, die durch öffentliche Gelder finanziert wird. Die Probleme einer privaten Hochschule liegen auf der Hand: Die Studierenden müssen Unsummen an Geld zahlen, um überhaupt studieren zu können. Nur ein Beispiel: Für ein Medizinstudium an der Universität Witten-Herdecke im Ruhrgebiet zahlen Studierende jährlich 10.000€, an der Kassel School of Medicine müssen die Studierenden zum Wintersemester 2025 voraussichtlich 19.500€ zahlen und an der Paracelsus Medizinischen Privatuniersität Nürnberg zahlen die Studierenden sogar 20.600€ (5) .
Das Modell für die Privathochschule in Osnabrück soll die medizinische Hochschule in Brandenburg sein. Hier zahlen die Studierenden 118.000€ für ein 6-jähriges Studium. Das wären 10.000€, die die Studierenden im Semester leisten müssen. Diese Summe ist für jeden, der selber mal studiert hat, immer noch studiert, Kinder hat, die studieren oder auch einfach ein mathematisches Grundverstädnis besitzt, klar und deutlich viel zu hoch, damit diese Hochschule „offen für alle“ sein kann. Es ist offensichtlich, dass sich nur Menschen mit einem reichen Elternhaus dieses Studium leisten können.
Das durchschnittliche BRUTTOgehalt liegt in Deutschland für Vollzeitbeschäftigte bei 4.634€. Netto beträgt das durchschnittliche Gehalt 2.300€ – 2.500€. Das bedeutet, dass der durchschittliche Vollzeitbeschäftigte in Deutschland knapp 50 Monate arbeiten müsste, um sich dieses Studium leisten zu können. Wohnung, Verpflegung und LEBEN erst gar nicht einberechnet.
Alles im allen ist der Plan somit, der Stadt und des Landkreises Osnabrück in Kombination mit der Universität und der Hochschule Osnabrück sowie weiteren Akteur*innen, eine private Hochschule für Studierenden einzurichten, die das große Privileg haben, in einem reichen Elternhaus aufzuwachsen und dafür ebenfalls öffentliche Strukturen zu nutzen.
Wir unterstützen das Ziel, mehr Ärzt*innen nach Osnabrück und vor allem in den Landkreis zu holen. Wir glauben auch, dass dies durch die Möglichkeit eines Medizinstudiums gestärkt wird.
Jedoch kritisieren wir stark, dass das Geld nicht aufgebracht wird, um einen öffentlichen Studiengang einzurichten, der die Möglichkeit Medizin zu studieren für alle Menschen eröffnet. Wir kritisieren, dass öffentliche Gelder und Strukturen dazu verwendet werden, um eine private Hochschule zu gründen. Wir kritisieren, dass die Universität und das Studierendenwerk ihre Möglichkeiten nicht nutzt, um den Lebensalltag ihrer Studierenden zu verbessern.
Wir sprechen uns gegen eine private Hochschule aus. Wir sprechen uns gegen die Nutzung der Infrastrukturen der Universität und der Hochschule aus.